Suisek i Ne w s A u s g a be 2/ 2013 © D S G
Deutsche Suiseki-Gesellschaft e. V. German Suiseki Society Liebe Suisekifreunde und Mitglieder der „Deutschen Suiseki- Gesellschaft“ !   Zusammen mit der zweiten Ausgabe 2013 unserer Vereinsnachrichten erhalten Sie das  Protokoll der diesjährigen Mitgliederversammlung in Fürth.  Neben einem Aufsatz von Jack Dennis, Mitglied der California Aiseki Kai, Los Angeles, USA und Herausgeber der Newsletter dieses Vereins über fünf Jahre, bekommen Sie einige Fotos über die europäische Suiseki-Ausstellung in Audincourt, Frankreich, von der Ausstellung  einiger Vereinsmitglieder während des deutsch-japanischen Frühlingsfestes in Augsburg und einen „Vorgeschmack“ auf das Jubiläumsbuch des „Deutschen Suiseki-Gesellschaft“.  Jack Dennis geht der Frage unterschiedlicher Stile in der Steinbetrachtung nach.  Es lassen sich deutliche Unterschiede z.B. in der chinesischen, koreanischen und  japanischen Auffassung feststellen.  Woran können wir „Westler“ uns dabei orientieren, zumal die Steinbetrachtung wie jede  andere Kunstform einem ständigen Wandel unterworfen ist?   Können wir in unserem Kulturkreis, für den die Steinbetrachtung unbekannt ist  und die  daher bei uns keine Tradition besitzt, einen eigenen Weg der Steinbetrachtung finden?   Sollten Steine in einer Ausstellung, die für das allgemeine Publikum bestimmt ist,  beschriftet werden?   Jack hält dies für unbedingt erforderlich, um den “unwissenden“ Besucher eine Hilfe zur  Interpretation zu geben.  Die „Unterstützung“ zur Anregung der eigenen Vorstellungskraft ist nicht als Zwang zu  verstehen, sondern soll offen sein für eine weiterführende eigene Interpretation.  Mit besten Grüßen Gudrun Benz     Titelfoto: „Falke“ von Wolfgang Kassebeer,  Gewinner des neuen Suiseki-Wanderpokals, Fundort: Normandie, Frankreich,  Maße: 22 x 12 x 21 cm   Asiatische Kunst der Betrachtungssteine (Viewing Stones) – Ein Wind der Veränderung ist in der Luft  Text und Fotos von Jack Dennis, Alpine, California, USA Übersetzung aus dem Englischen von Gudrun Benz   Vor vielen Jahren habe ich geschrieben:   Diejenigen, die aus irgendeinen unerfindlichen Grund Bewunderer von Betrachtungssteinen  geworden sind, haben eine friedvolle Welt der Ruhe,innerer Besinnung, Harmonie und  Zurückgezogenheit entdeckt, wenn sie ihre Steine betrachten, und sie finden letztendlich  eine direkte Verbindung zur Natur.   Es ist diese geistige Verbindung, die wir alle in unseren Steinen finden.  Steine, die wir sammeln, sind Bilder unserer Lebenserfahrungen, und sie sprechen zu uns  als Verkörperung unseres eigenen Geistes.   Jeder Stein ruft eine Botschaft wach, die wir häufig nicht erklären können, die aber sicherlich  der Ehrfurcht gleichkommt. Dieser geistig-philosophische Aspekt veranlasste Willi Benz mir vorzuschlagen, einen Artikel  zu schreiben mit dem Ziel, das westliche Verständnis auf ein höheres Niveau zu bringen  unter Einbeziehung der geistigen Verbindung.  Leider war ich dazu nicht in der Lage, was jedoch nicht heißt, dass ich mich nicht über die  Steine unserer Familiensammlung freuen kann.  Jeder Stein erzählt eine Geschichte nicht nur bezüglich der eigenen Entstehungsgeschichte,  sondern auch in der Vorstellung des Betrachters – diese Geschichte ist ein Teil der gefühlsmäßigen Empfindsamkeit des Betrachters, die in seiner/ihrer Erfahrung begründet liegen mag und daher im Herzen, der Seele und dem  Geist seines/ihres Steins.  Von allen die Phantasie anregenden Künsten scheint mir die von der Natur geschaffene  Kunst die anregendste zu sein.  Nichts in den anderen Künsten spricht so direkt den Intellekt an bzw. öffnet in einem so  kleinen Bereich so viele Interessenswege.   Ein von der Natur geschaffener Stein offenbart sich uns schweigend und beständig in seiner  Ganzheit in all seiner Ausstrahlung,verständlich und offen für eine Einschätzung.  Ein Stein vermag so vollständig die unendlichen Vermutungen und „Abenteuer“  des  menschlichen Geistes auszudrücken.  Er verbindet die Vergangenheit mit der Gegenwart und stellt sich die Zukunft vor;   es geht um Erfahrungen aus aller Zeit.  Ein Betrachtungsstein, egal ob es sich um einen   SUISEKI (japanischerStil und Beschäftigung damit),  GONGSHI (chinesischer Stil und Beschäftigung damit),  SUSEOK (koreanischer Stil und Beschäftigung damit) oder irgendein anderer asiatischer Stil handelt,   ist ein künstlerischer Ausdruck, ist ein Träger von Energie und Kraft, der für sich selbst  spricht, der aber auf individueller Basis interpretiert werden muss.   Ein Stein, der als Betrachtungsstein von bestimmter erkennbarer Form eingestuft werden  kann, bringt den Betrachter dazu, sich eine Szene von natürlicher Erhabenheit vorzustellen,  die größer ist als der Stein selbst, was den Betrachter dazu bringt, sich gefühlsmäßig in  Ruhe und Stille zurückzuziehen. Ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass aus Amerika kommende und in Amerika ent- deckte Steine keine SUISEKI, GONGSHI oder SUSEOK sind.  Dennoch können amerikanische Steine im Stil und der allgemeinen Betrachtungsweise der  jeweiligen Länder sein und müssen entsprechend charakterisiert werden.   Ein Wind der Veränderung liegt in der Luft.   Das Photo 1 ist ein typisches Beispiel dafür.  Gongshi ist eine Beschäftigung der ehemaligen Aristokratie in China und hat eine  faszinierende Geschichte.  Trotzdem sind die japanischen und koreanischen Völker auf ihrem eigenen Weg  fortgeschrit- ten und sind überraschend unterschiedlich zu dem chinesischen Wegbereiter geworden.  In der westlichen Welt waren die verschiedenen Annäherungen allgemein und zu einem  Grade vermischt, dass sie ein und dasselbe schienen, wobei sie aber in Wirklichkeit sehr  unterschiedlich sind.  Das Brauchtum ist in allen Fällen in der Tradition und Kultur eines jeden Landes begründet.  Wie ich bereits gesagt habe, habe ich nicht vor, irgendeinen Stein in einen Shinto-Schrein  oder buddhistischen Tempel zur Meditation zu bringen, so dass es unwahrscheinlich ist, dass  ich die Stufe von Zen erreichen werde bzw. den asiatischen Lebensstil, den Teeweg oder  religiöse Überzeugungen verstehen werde, was Grundvoraussetzung für ein fortgeschrittenes Verständnis ist;   dennoch denke ich, dass ich weiterhin meine Steine auf meine eigene Art lieben und mich  ihrer Existenz in meinem Leben erfreuen kann.  SUISEKI ist bekannt geworden und umfasst weltweit einen Standard, doch jede asiatische  Gesellschaft interpretiert und praktiziert die Kunst entsprechend ihrer je eigenen Kultur....      Foto 1: Chinesischer Stein, japanische allgemeine Betrachtungsweise/Stil                         Charakteristik des Steins:   Klassifikation: 		Gongshi (Spirit Stone) Kategorie: 			Shangshi („bewundernswerter“ Stein) Suggestion (was der Stein suggeriert): Bergförmiger Stein Fundort: 			Neun-Drachen-Fluss, Zhangzhou (Stadt), Fujian-Provinz, China Maße: 				43 cm b x 18 cm h x 23 cm t Kommentar:  Wenn dieser Stein sich in der Sammlung eines Japaners befinden würde, würde er sicher  als SUISEKI chinesischen Ursprungs bezeichnet.  Da ich aber kein Japaner bin, glaube ich, dass es besser ist, ihn als „Spirit stone“ zu  bezeichnen in Hinblick auf seine chinesische Herkunft.   Foto 2 Japanischer Stein, allgemeine japanische Betrachtungsweise/Stil                       Charakteristik des Steins:  Klassifikation: 				Suiseki (Landschaftsstein) Kategorie: 					Mizuumui-ishi (Stein mit See) Poetische Beschreibung: 		verborgener See Fundort:					Japan Maße: 						20 cm b x 8 cm h x 14 cm t Kommentar:   Der Stein suggeriert entsprechend seiner Hauptcharakteristik einen stillen Bergsee. Dieser Stein war ein Geschenk von Herrn und Frau Kato von Omiya Village, Japan im Jahre  2002 anlässlich unseres einwöchigen Aufenthaltes in ihrem Bonsaigarten Mansei-en und  Haus.     .....Daher bin ich mir bewusst, dass Betrachtungssteine nicht göttlich sind und die Steine  daher nicht als göttliche Objekte angebetet werden,jedoch vielleicht an einigen Orten?  Die Zeit wird es zeigen. Es gibt einige weniger bekannte Praktiken von Betrachtungssteinen auf internationaler  Ebene mit klaren Unterschieden in der theoretischen und praktischen Annäherung an die  Kunst.  Es ist das Individuum, das dies alles bewirkt, was wir respektieren und schätzen im Leben  und das den Fortschritt weiterbringt, was kurz gesagt Wechsel/Veränderung bedeutet.   Wenn wir die Einmaligkeit würdigen, müssen wir ihre Besonderheit würdigen, was oft  einfach zu machen ist, wenn es zum Beispiel um eine realistische Malerei oder Plastik geht,  es ist jedoch nicht so einfach für uns, die Darstellungen bei abstrakten Formen in einem  normalen Stein zu bewerten.  Vor allem wenn in dieser Form die Besonderheit nicht offenkundig ist, aber zweifellos  trotzdem in unterschiedliche Weise uns anspricht.  Da Veränderung ein spürbares Thema (heikles Thema) in der westlichen Gesellschaft ist  und vorausgesetzt, dass Veränderung in der Kunst durch die Suche nach individuellem  Ausdruck beschönigt ist (wird), mag der Neuling in der Suisekikunst fragen, ob es irgend  einen zweifelsfreien Standard gibt, der ihn/sie durch die „Gefahren“ der sich verändernden  historischen Stile, widersprüchlichen Theorien und Praktiken führt.   Wenn traditioneller, ästhetischer und individueller Geschmack in die Diskussion kommen,  erhebt sich die Frage, von wem und von welcher Zeit und welchem Ort in der Geschichte  der Steinverehrung sprechen wir?  Die Ausübung der Kunst ist nicht statisch, sondern ist ständig in einem fließenden Zustand  und daher sich weltweit in ihrer Praxis entwickelnd (sich verändernd).  Da sich die Welt für das Experimentieren geöffnet hat, ist es eine bestimmte „Bedrohung“  des Status Quo, besonders bezüglich der informellen Ausstellung auf Tischen.  Im Gegensatz dazu hat dies der Kunst es erleichtert, einen modernen Weg der Be- trachtungsweise entsprechend den Zeichen der Zeit zu finden.   Da wir von Kunst sprechen, wird sich meiner Meinung nach die Ausübung weiterhin in  gleicher Weise verändern, wie wir Westler ein besseres Verständnis und Würdigung der  Kunst gewinnen.  John Naka, der weltweit als ein großer Bonsailehrer bekannt ist, ist oft zitiert worden mit  dem Satz:  „Sie müssen die Regeln (Praxismethoden) kennen, bevor Sie sie erfolgreich brechen können.“   Natürlich war davon ausgegangen, dass es eine ideale Praxismethode gibt und zwar so,  wie sie zur Zeit angewendet wird.  Meiner Meinung nach heißt das, dass er für einen Wechsel aufgeschlossen war, wenn es  um Fortschritt ging. Diejenigen, die es nicht so genau nehmen, mögen damit zufrieden sein, soweit es die Kunst  der Betrachtungssteine betrifft, dass dies der leichteste zu befolgende Weg ist, obwohl  letztendlich die Nachdenklicheren (Klarblickenden) es am wenigsten lohnend finden werden.   Jede Erweiterung der Einstellung (Auffassungen) bringt ein Fallenlassen von alten und  gewohnten Standards mit sich, ein Opfer, das in der Kunst das  Aufgeben vieler geschätzter  Meinungen / Ansichten einschließt.  Der Lehrling wie auch der Erfahrene unter den Steinsammlern müssen bereit sein, die mögliche Legitimation (Rechtmäßigkeit) vieler ungewöhnlicher Formen von Natursteinen zuzugeben (einzuräumen), d.h. dass sie ihre eigenen  Erfahrungen und Auffassungen auf die Probe stellen müssen.  Die Japaner, Koreaner und Chinesen beschreiben ausführlich die Steinfundorte in ihren  Flüssen und Abbaugebieten.  Heutige Steinkenner kategorisieren Steine, wie in der Vergangenheit nach der Herkunft,  indem sie voraussetzen, dass Steine von verschiedenen Fundstellen ähnliche Merkmale  aufweisen.  Es ist beabsichtigt, dass ein so nach dem Fundort katalogisierter und beschrifteter Stein  Sammler darüber informiert, wo Steine bestimmter geologischer Struktur, Farbe und  Mineralgehalt gefunden werden können.  Das scheint mir nicht die Sache in vollem Umfang zu treffen, doch scheint es die allgemeine  Ansicht zu sein.  In den USA ist das meiste Land in privater Hand, und die Eigentümer geben Sammlern nur  widerwillig mit Einschränkungen eine Erlaubnis, wenn sie überhaupt Sammeln erlauben.   Daher neigen Sammler dazu, ihre Steine nach großen geographischen Gebieten zu  beschriften, um so ihre Geheimplätze nicht preiszugeben, was für andere Sammler nur eine  geringe Hilfe ist.  Es ist wichtig, sich bewusst zu sein, dass ein bestimmter Stein für verschiedene Leute  jeweils etwas anderes zu unterschiedlichen Zeiten und anderen Jahreszeiten,  ja Tageszeit bedeuten kann   – die Suggestion eines Steines kann sich ändern abhängig von der Stimmung,  der Ruhe und dem Gemütszustand des Betrachters im Moment des Betrachtens.   Daher ist aus der Sicht des heutigen Denkens die Charakterisierung (Steine in ein  hierarchisches Diagramm oder in eine vorbereiteten Klassifikationsliste, Kategorien  innerhalb einer Klassifikation oder Stile innerhalb einer Kategorierie einzuordnen)  eine schlechte Sache; ....    Foto 3: Chinesischer Stein, chinesischer Stil                                Charakteristik des Steins:  Klassifikation: 				Gongshi (Gelehrtenstein) Kategorie: 					Quishi (Fantastic Rock – fantastischer Stein) Fundort: 					Sishui-Fluss, China Maße:						30 cm b x 44 cm h x 16 cm d Kommentar: 					Dieser Ling Long Ying-Stein ist ein typischer  chinesischer Gelehrtenstein.  Dieser besondere Stein zeigt ein hohes Alter.    Foto 4: Amerikanischer Stein, chinesischer Stil                              Charakteristik des Steins:  Klassifikation: 				Gongshi (Gelehrtenstein) Kategorie: 					QUISHI (Fantastic Rock – fantastischer Stein) Suggestion: 					drachenförmiger Stein Fundort: 					Mittlerer Westen der USA Maße: 						24 cm b x 29 cm h x 15 cm t Kommentar:  entsprechend der Form wurde der Stein nicht „beschönigt“, doch vermittelt er die  Botschaft direkt.  Die gezackte Krone und der sägeblattartige Rücken erleichtert, die Phantasie anzuregen,  darin eine mythische Kreatur normalerweise von grüner Farbe und schuppiger Haut,  Flügeln und einen langen Schwanz zu sehen.
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Suiseki News 2013-02
DSG e.V. Freude an Steinen